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Institut für Pflanzenschutz in Obst- und Weinbau

Inhalt: JKI-Fachgespräch in Braunschweig zur SBR und Stolbur stößt auf große Resonanz

BMEL-Unterabteilungsleiterin Cornelia Berns eröffnete Hybridveranstaltung, auf der über 300 Teilnehmende berieten, wie sich die Ausbreitung des Vektorinsektes Schilf-Glasflügelzikade eindämmen lässt.

Seit 2008 in Süddeutschland (Südbaden) die ersten Zuckerrüben gefunden wurden, die Krankheitssymptome des so genannten Syndrome Basses Richesses, kurz SBR, zeigten, hat sich die Lage dramatisch gewandelt. Das liegt vor allem an der hohen Anpassungsfähigkeit der Schilf-Glasflügelzikade, die als Vektorinsekt gleich zwei bakterielle Krankheiten der Zuckerrüben überträgt. Die Schadorganismen sind das zellwandlose Bakterium Candidatus Phytoplasma solani und Candidatus Arsenophonus phytopathogenicus. Ersteres ruft das Krankheitsbild Stolbur hervor, im Volksmund auch Gummirübe genannt. Beide Erreger führen zum SBR-Krankheitsbild, welches durch niedrigere Zuckergehalten, verformte, kleinere und weiche Rüben gekennzeichnet ist.

Die Schilf-Glasflügelzikade, die inzwischen als Schadinsekt angesprochen werden muss, hat 2022 nachweislich einen Wirtswechsel auf die Kartoffel vollzogen und kann sich nun sowohl an Zuckerrüben als auch an Kartoffeln vollständig entwickeln. Das Insekt hat sich in den Feldbeständen rasant vermehrt. Mit Stand Ende 2024 waren deshalb in Deutschland 85.000 Hektar Zuckerrüben mit den Bakterien infiziert und 22.000 Hektar Kartoffeln. Die hohe Durchseuchungsrate mit den Schaderregern hat inzwischen dazu geführt, dass der Anbau von Pflanzkartoffeln in Hessen fast zum Erliegen gekommen ist. Inzwischen wurde vor allem das Proteobakterium Ca. Arsenophonus phytopathogenicus auch in diversen Gemüsekulturen nachgewiesen, darunter Zwiebeln, Rote Beete und Karotten. Die Experten sind sich daher einig, dass die Zikaden auch diese Pflanzen besuchen und beim Anstechen und Saugen die Bakterien übertragen. Auch bei Karotten und Rote Beete wurde bereits über Totalausfälle berichtet.

Dass die Lage für die Landwirtschaft ernst ist, spiegelte sich auch in der hohen Anzahl der Teilnehmenden am SBR-Stolbur-Fachgespräch wieder, das das Julius Kühn-Institut am 4./5. März in Braunschweig ausrichtete. In Präsenz nahmen 130 Personen teil und weitere 190 waren online dazu geschaltet. Die Teilnehmenden kamen aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) und seinen nachgeordneten Behörden, dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), dem Bundessortenamt (BSA) und der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) und aus den Pflanzenschutzdiensten der Bundesländer. Des Weiteren waren die Anbauverbände und Züchter für Zuckerrüben und Kartoffeln vertreten sowie Gemüseanbauverbände, die weiterverarbeitende Industrie und Beratungsdienste.

Aus der Forschung waren Universitäten, Hochschulen und außeruniversitäre Einrichtungen der Einladung des JKI gefolgt. In 25 Fachvorträgen wurden verschieden Aspekte aus Grundlagen- und angewandter Forschung präsentiert. Dabei ging es beispielsweise um Entwicklung, Ausbreitung und Präferenzen des Vektorinsektes, um Diagnostik der Schadorganismen und letztlich um Maßnahmen, die Insektenpopulation rasch abzusenken.

Aufgrund der hohen Relevanz für die heimische Produktion von Zuckerrüben, Kartoffeln und Gemüse im konventionellen und im ökologischen Anbau hatte das BMEL bereits im Januar 2025 alle Akteure zum Runden Tisch geladen und unterstützt die Bemühungen der Behörden, das Vektorinsekt einzudämmen. Die Leiterin der Unterabteilung 71 für Ökologische Lebensmittelwirtschaft, Pflanzliche Erzeugung und Gartenbau Cornelia Berns des BMEL eröffnete daher auch das Fachgespräch und informierte sich zuvor beim Rundgang am JKI über den Stand der Forschung und laufende Versuche.

Das Fazit der Expertinnen und Experten auf der Tagung war, dass eine kurzfristige Absenkung der Vektorpopulation nicht durch Einzelmaßnahmen, wie Insektizideinsatz oder Schwarzbrache nach der Rübenernte erreicht werden kann. Stattdessen sei ein integrativer Bekämpfungsansatz notwendig, bei dem die Kontrollstrategien über die gesamte Fruchtfolge in Raum und Zeit gedacht werden müssten, sagte Dr. Sabine Andert, die am JKI-Standort Braunschweig das Fachinstitut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland leitet. Auch eine kulturübergreifende Vernetzung der Forschungs- und Versuchskapazitäten sei dringend notwendig, da mit Kartoffel und Zuckerrübe zwei Hauptkulturen betroffen sind, die in Deutschland weitverbreitet angebaut werden.

Prof. Dr. Jürgen Gross vom JKI-Standort Dossenheim und sein Forschungsteam präsentierten potenzielle Bekämpfungsansätze, mit denen das Schadinsekt künftig mittels antagonistischer Pilze oder durch Fortpflanzungskontrolle (Mating-Disruption) bekämpft werden könnte, vorausgesetzt die laufenden Forschungsprojekte zeigen weiterhin positive Ergebnisse.

Wie die einzelnen Maßnahmen zu wirksamen und ökonomisch tragfähigen Strategien weiterentwickelt werden können, soll in Kooperation mit den Pflanzenschutzdiensten der Bundesländer, Anbauverbänden, Unternehmen und der Praxis in betroffenen Modellregionen weiterhin untersucht, erprobt und durch wissenschaftliche Folgenabschätzung begleitet werden. Auch dazu hat das Fachgespräch einen essenziellen Beitrag geleistet.

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