Institut für Rebenzüchtung
Nachhaltigkeit, Produktionssicherheit und wirtschaftliche Effizienz sind Schlüsselindikatoren für eine wettbewerbsfähige Weinproduktion in Deutschland und Europa. Darüber hinaus stellt der Klimawandel den Weinbau vor große Herausforderungen, da steigende Temperaturen und veränderte Niederschlagsmuster sowohl biotische als auch abiotische Stressfaktoren verstärken. Seit einigen Jahren verschärft sich der Infektionsdruck von Falschem Mehltau und Echtem Mehltau oder der durch lang anhaltende Hitzewellen ausgelöste Stress. So z.B. die Trockenheit im Sommer 2023 oder die anhaltenden Regenfälle im Jahr 2024, die durch langanhaltende feuchte und warme Perioden, die das Wachstum des Erregers begünstigen, einen sprunghaften Anstieg der Mehltauinfektionen auslösten. Gleichzeitig sind mehr als 95 % der deutschen Weinberge mit traditionellen, sehr anfälligen Sorten bepflanzt. Die Winzer, insbesondere die ökologisch wirtschaftenden Winzer, mussten daher erhebliche Ernteverluste hinnehmen und vermehrt Pflanzenschutzmittel und Fungizide einsetzen, was die Produktionskosten in die Höhe trieb und die Umwelt belastete. Andererseits stellt abiotischer Stress eine immer größere Herausforderung dar, da die traditionellen Rebsorten, die in den ehemals kühlen Klimabedingungen Deutschlands angebaut wurden, nicht gut an die veränderten klimatischen Bedingungen angepasst sind. Infolgedessen sind die Sorten sehr empfindlich gegenüber Traubensonnenbrand, der zusätzliche Schäden an den Beerenhäuten verursachen kann, was den Ertrag beeinträchtigt und die Qualität der Weine mit veränderten Geschmacksprofilen mindert, was sich sowohl auf den Marktwert als auch auf die Verbraucherpräferenz auswirkt. Die Züchtung pilzwiderstandsfähiger Sorten, sogenannter PIWIs, die zusätzlich resistent gegen abiotische Stressfaktoren wie Sonnenbrand sind, ist eine der wirkungsvollsten Strategien für den Weinbau, um sowohl Nachhaltigkeits- als auch Klimaanpassungsziele zu erreichen. Da die Rebenzüchtung mindestens 20 Jahre der Bewertung, Auswahl und Vermehrung benötigt, ist die markergestützte Selektion (MAS) das wirksamste Instrument, um Setzlinge kurz nach der Keimung auszuwählen. Molekulare Marker für quantitative Merkmale wie Sonnenbrand sind noch nicht verfügbar und müssen noch entwickelt werden. Gleichzeitig ist das Wissen über die Widerstandsfähigkeit von Weintrauben gegen Sonnenbrand, die zugrundeliegenden molekularen Mechanismen und die Reaktion von Weinbeeren auf Hitzestress begrenzt, während die Phänotypisierung von Sonnenbrand bei Weintrauben arbeitsintensiv und subjektiv bleibt.CLIMAGRAiPE begegnet diesem Engpass, indem es darauf abzielt, die Basis zu entwickeln, auf der klimaangepasste Rebsorten effizienter gezüchtet werden können, d. h. Merkmale zu identifizieren und zu integrieren, die eine erhöhte Toleranz gegenüber abiotischen Stressfaktoren wie Hitze und UV-Strahlung vermitteln. Durch die Anwendung eines effizienten und umfassenden Ansatzes, der Phänotypisierung im Hochdurchsatzverfahren, genomische Studien und modernste Instrumente der künstlichen Intelligenz (KI) umfasst, wird dieses Projekt die Untersuchung eines so komplexen Merkmals wie der Widerstandsfähigkeit gegenüber abiotischem Stress und die Entwicklung molekularer Marker beschleunigen. Beides ist wichtig, um Landwirte und Weingüter bei der Anpassung an die benannten Herausforderungen zu unterstützen. Insgesamt nutzt dieses Forschungsnetzwerk Fachwissen aus verschiedenen Disziplinen, um molekulare Züchtungstechniken zu optimieren, mit dem Ziel, die Auswirkungen des Klimawandels abzumildern und einen nachhaltigen Weinbau zu fördern.
Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt
