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Stolbur & SBR im Kartoffelanbau

Untersuchungen zur Übertragung von Candidatus phytoplasma solani (PHYPSO) und Candidatus arsenophonus phytopathogenicus (ARSEPH) an Kartoffeln und Etablierung diagnostischer Verfahren für den Nachweis der Erreger in Kartoffeln und Zuckerrüben


Laufzeit

2023-05-01 bis 2025-04-30

Projektleitung

  • Simon, Schiwek


Zuständige Fachinstitut

Institut für Pflanzenschutz in Ackerbau und Grünland


Beteiligte JKI-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler

  • Johannes, Hausmann
  • Elisa, Brandenburg


Gesamtziel des Projektes

Phytoplasmen sind bakterienähnliche, zellwandlose Organismen. Die Ausbreitung erfolgt meist über Vektoren aus der Ordnung der Heuschrecken (Familie Cixiide), Pflanzenvermehrungsmaterial und Samen. Das Phytoplasma Candidatus Phytoplasma solani (PHYPSO, kurz Stolbur) verursacht die Schwarzholzkrankheit der Rebe (Bois Noir) befällt jedoch auch weitere Nutzpflanzenarten wie Sellerie, Möhre und Salat und kann dort zu Ertragsdefiziten von bis zu 80 % führen. Als alternative Wirts- und Reservoirpflanzen konnten u.a. die Ackerwinde und die Brennnessel identifiziert werden. PHYPSO war bis in das Jahr 2019 als Quarantäneschadorganismus (Richtlinie 2000/29/EG Annex II/AII d8 EPPO Status: A2) eingestuft und auf einzelne Funde beschränkt. Proteobakterien bilden die größte und diverseste Gruppierung innerhalb der Domäne der Bakterien. Im Gegensatz zu den Phytoplasmen sind nur wenige pflanzenpathogene γ-Proteobakterienarten bekannt, dazu zählt das Phloem-begrenzte Candidatus arsenophonus phytopathogenicus (ARSEPH, geläufige Bezeichnung: SBR). Zu den wichtigsten bekannten Vektororganismen zählen, wie auch bei den Phytoplasmen, Heuschrecken aus der Gruppe der Cixiiden. Eine Übertragung innerhalb einer Wirtspopulation findet fast ausschließlich horizontal statt. Innerhalb der Vektoren erfolgt eine Vermehrung im Verdauungstrakt. Im Falle von ARSEPH und dem Hauptvektor der Schilfglasflügelzikade (Pentastiridius leporinus) ist das Auftreten an Zuckerrüben seit Jahren bekannt und stellt ein großes Problem für den Produktionssektor dar. Der erste Nachweis von PHYPSO an Kartoffeln in Deutschland erfolgte im Jahr 2006. Als Reaktion auf diesen Wirtswechsel wurden durch das JKI erste Untersuchungen zum Transfer des Erregers von der Weinrebe auf Kartoffeln durchgeführt. Im Rahmen dieser Arbeiten konnte nachgewiesen werden, dass der gleiche Erreger, welcher die Schwarzholzkrankheit der Rebe hervorruft in der Lage ist, an Kartoffel Stolbur zu verursachen. Darüber hinaus wurden erste Sortenversuche zur Identifikation von Resistenzen angelegt. Die Ergebnisse dieser Studien trugen wesentlich dazu bei, die Symptomatik an Kartoffeln genauer zu beschreiben. Zu diesen zählen die Bildung von Luftknollen, Fadenkeime, Anthozyanfärbung der oberen Blätter und Gummiknollen. In Zusammenarbeit mit dem Max-Rubner-Institut konnte außerdem eine stark Qualitäts-mindernde Bedeutung von Gummiknollen für die industrielle Verarbeitung festgestellt werden. Erste Berichte zu dem verstärkten Auftreten der oben genannten Erreger an Kartoffeln und Zuckerrüben wurden im Jahr 2022 veröffentlicht und zeigen ein assoziiertes Auftreten mit der Schilfglasflügelzikade an Zuckerrüben in Süddeutschland. Die Krankheit SBR in Zuckerrüben ist seit Jahren bekannt und in angrenzenden Ländern verbreitet, das zusätzliche Auftreten des Stolbur-Erregers bei Infektionen mit starker Symptomausprägung ist jedoch ein neues Phänomen. Bei Kartoffeln scheinen diese Mischinfektionen jedoch keine Verstärkung der Symptome im Vergleich zur reinen Stolbur-Infektionen zu verursachen. Seit dem ersten Auftreten von SBR und Stolbur an Kartoffeln in Verbindung mit dem Vektor P. leporinus in Süddeutschland wurde ein kontinuierliches Voranschreiten dokumentiert. Diese Ausbreitung geht mit lokal starken Befallsschwankungen und Epidemie-artigen Ausbrüchen einher. Die Infektionen können anhand von sichtbaren Symptomen im Feld erfolgen und müssen mittels spezifischer PCR-Verfahren abgesichert werden. Genetische Faktoren welche eine deutliche Abgrenzung von Pathogen-Isolaten an Kartoffeln, Zuckerrüben und Wein zulassen sind bisher nicht bekannt. Strategien für eine nachhaltige Bekämpfung der Erreger und Vektoren im Feld konnten bisher keinen Schutz gewährleisten. Der Einsatz von Insektiziden gegen die Vektoren ist nicht hinreichend wirksam und Wirkstoffe mit einer direkten Wirkung auf Phytoplasmen oder γ-Proteobakterien sind nicht bekannt. Die Übertragung der Erreger durch infizierte Tochterknollen auf die nächste Generation wird als kritischer Faktor betrachtet, wurde jedoch in der Vergangenheit als möglich aber von sehr untergeordneter Bedeutung eingeschätzt. Es wird davon ausgegangen, dass auf Grund des massiven Auftretens der Erreger in den Befallsregionen durch Sortenresistenz allein kein ausreichender Schutz vor Ertrags- und Qualitätsverlusten erreicht werden kann. Ziel des Projekts ist es, am JKI Institut A in Braunschweig Strukturen und Methoden für wissenschaftliche Untersuchungen zum Nachweis und zur Übertragung der Erreger PHYPSO und ARSEPH an Tochterknollen zu etablieren. Dazu ist es nötig, die Eignung verschiedener molekular-diagnostischer Verfahren zu prüfen und zu standardisieren. Diese Methoden sollen durch die Durchführung einer Laborvergleichsuntersuchung mit den Diagnoselaboren der amtlichen Pflanzenschutzdienste abgestimmt werden. Alle dabei generierten Sequenzdaten sollen veröffentlicht werden und für die Nutzung in phylogenetischen Studien nutzbar sein.


Mittelgeber

Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft