Institut für Pflanzenschutz in Gartenbau und urbanem Grün
Sowohl die Landwirtschaft als auch die Stadtentwicklung stehen angesichts des Klimawandels, der Energiewende, der Krise der Biodiversität, durch Kriege und Pandemien gestörter Lieferketten sowie dadurch ausgelöster gesellschaftlicher Veränderungen vor drohender Gefährdung der Ernährungs- und Versorgungssicherheit und deshalb gewaltigen Transformationsherausforderungen: Die wetterbedingten und die ökonomischen Rahmenbedingungen für landwirtschaftliche Produktionssysteme im Freiland als auch unter Glas verändern sich rasant und führen zu notwendigen Änderungen in der Ertrags- und Qualitätsbildung der produzierten Pflanzen, in den Anbausystemen sowie der Arten- und Sortenwahl. Die Auswirkungen dessen auf die Resilienz von Wertschöpfungsketten und die Auswirkung bisher einer auf globalen Wettbewerb ausgerichteten Logik von Produktionssystemen, z.B. zur Austauschbarkeit gartenbaulicher Produkte, sind noch nicht völlig absehbar und stellen insbesondere für kleine, stadtnahe Betriebe und Neugründungen ein herausforderndes Unternehmensumfeld dar. Gleichzeitig verändern die neuen Bedarfe einer grünen Gestaltung der Städte mit den sich wandelnden Bedürfnissen und Vorstellungen der Stadtbewohner in Bezug auf die Förderung von Biodiversität, regional produzierte Schnittblumen, Zierpflanzen und Nahrungsmittel, den natürlichen Klimaschutz und die Notwendigkeit der Klimaanpassung die Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen der Landwirtschaft (und darin insbesondere des Gartenbaus) im urbanen Raum.Bisher gibt es weder in Hamburg, noch im Bundesgebiet, ausreichende Erfahrungen mit der Implementierung von Projekten und Strategien, die die professionellen, nicht-professionellen und gemeinnützigen Akteur:innen der urbanen Landwirtschaft zusammenbringen. Genau hier setzt das geplante Forschungsvorhaben an und verfolgt das Ziel, ein Innovationsareal für den Austausch zwischen Profigartenbau, Stadtgesellschaft und Planer:innen zu initiieren und damit ein Modellprojekt für den Urbanen Gartenbau darzustellen.Das Projektvorhaben entwickelt ein innovatives Konzept zum Aufbau eines innerstädtischen Innovationsareals für eine multifunktionale urbane Landwirtschaft in der Neuen Gartenstadt Öjendorf (Hamburg) auf der Basis strategischer Partnerschaften zwischen der städtischen Verwaltung, privatwirtschaftlichen Wohnungs- und Immobilienunternehmen, Stadtbewohner* innen und lokalen Landwirtschafts-/Gartenbaubetrieben. Die Machbarkeitsstudie sowie die Planung und die Etablierung einer Testfläche sind eingebunden in den laufenden städtebaulichen Planungs- und Realisierungsprozess der neuen Gartenstadt Öjendorf (ca. 55 ha Gesamtfläche, 2.000 Wohneinheiten) und der Realisierung der Landschaftsachse Horner Geest. Das Projektvorhaben betrachtet hierbei zwei verschiedene Teilräume: die Einbindung von Elementen der urbanen Landwirtschaft in die öffentliche Parkanlage der Horner Geestachse, einem zehn Kilometer langen grünen Band vom Hauptbahnhof Hamburg bis zum Öjendorfer See, und die Integration in das unmittelbare Wohnumfeld und die quartiersbezogenen Freiräume der Gartenstadt Öjendorf. Im Rahmen der aktuellen städtebaulichen Planungen sind ca. 7,7 ha landwirtschaftliche Flächen vorgesehen und die Bewirtschaftung von ca. 4,5 km Wallhecken (Knicks). Hinzu kommen ca. 4.500 m2 für Mikrokleingärten und ca. 4.300 m2 für Gemeinschaftsgärten.Im Rahmen des geplanten Projektes werden betriebswirtschaftliche Szenarien für geeignete Wertschöpfungsketten entwickelt (AP1). Darüber hinaus sollen die planerisch-rechtlichen Fragen der Mehrfachnutzung von öffentlichen und privaten Flächen für die multifunktionale urbane Landwirtschaft geklärt werden (AP2). Ein Netzwerk der für die Realisierung relevanten lokalen Akteur*innen aus städtischer Verwaltung auf Landes- und Bezirksebene, der Projektentwicklungsgesellschaft Frank und HTP Verwaltung GmbH, Stadtbewohner* innen und lokalen Landwirtschaftsakteur*innen soll aufgebaut (AP3) und auf der Basis eines kokreativen Prozesses mögliche Geschäftsmodelle, Kooperationsstrukturen und Plattformen für die Gestaltung und Bewirtschaftung der Flächen entwickelt werden (AP4). Gleichzeitig wird im Rahmen eines Realexperiments eine Testfläche im Entwicklungsgebiet der Neuen Gartenstadt Öjendorf etabliert, ein Versuchsaufbau mit unterschiedlichen Produktionssystemen sowie einer öffentlichkeitswirksamen Ausstellung zum Konzept der Neuen Gartenstadt und öffentlichen Planungsworkshops entwickelt und exemplarisch vor Ort getestet und abschließend unter ökologischen, ökonomischen und sozialen Gesichtspunkten bewertet (AP5). Des Weiteren werden übertragbare Erkenntnisse zur Verankerung einer multifunktionalen urbanen Landwirtschaft als integraler Bestandteil städtebaulicher Entwicklungsvorhaben und eine Roadmap für die weitere Etablierung der Urbanen Landwirtschaft in der Neuen Gartenstadt Öjendorf entwickelt (AP6).
Bundesland Hamburg